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Mit dem Wünschewagen nach Berlin
09-10-2021
Aber kann man mit gerade mal 18 Jahren überhaupt letzte Wünsche haben? Gerade mit der Schule fertig, sollte das Leben doch jetzt erst richtig losgehen und noch voller Wünsche sein. Diesen Gedanken hatte ich, als die Anfrage per E-Mail von Birgit Priedemann, der Koordinatorin vom Wünschewagen, kam. Meinem Mann und mir war ganz schnell klar, dass es für uns eine Herzensangelegenheit wäre, diese Fahrt begleiten zu dürfen. Also sagten wir ganz schnell zu.
Samstagmorgen um 6 Uhr machten wir uns auf den Weg nach Elmshorn, dort steht der Wünschewagen. Wagen gecheckt, Tank voll, Naschifach gefüllt, Getränke an Board, Teddy mit dabei, aber einen Teddy für einen 18-Jährigen? Schon ein gemischtes Gefühl, während der Fahrt nach Lübeck. Wie tritt man einem jungen Mann gegenüber, wenn man genau weiß, dass es vermutlich der letzte größere Ausflug mit seinem Vater sein wird? Vorfreude, Unsicherheit, aufgeregt, es war eine Mischung von allem. Als Eltern von einem chronisch kranken Kind können wir uns nur im Ansatz vorstellen, wie es der Familie gerade geht und mit welchen Ängsten sie sich auseinandersetzen müssen.
In Lübeck angekommen wartete Nick mit seinem Vater auf uns. Genau so aufgeregt wie wir, da hatten wir ja schon mal was gemeinsam. Die Aufregung verwandelte sich ganz schnell in Vorfreude auf ein besonderes Wochenende. Die Krankheit rückte in den Hintergrund. Wir machten uns direkt auf den Weg nach Berlin. Checkpoint Charly und das Olympiastadion, das waren die beiden Punkte, die Nick in Berlin wichtig waren, er war mit seinen Eltern schon sehr oft dort.
Nach dem Einchecken im B&B Hotel und der Parkplatzsuche haben wir uns mit Rollator und den öffentlichen Verkehrsmitteln in Richtung Check Point Charly gemacht. Der Besuch des Mauermuseums und von KFC rundeten die Erfüllung unseres ersten Wunschpunktes in Berlin ab. Stichwort Parkplatzsuche: In Berlin mit so einem großen Fahrzeug nicht so einfach. Eine nette Polizistin hat uns geholfen, indem sie mal spontan die dreispurige Straße gesperrt hat, damit wir in Ruhe einzuparken konnten. Herzlichen Dank dafür!
Den frühen Abend verbrachten wir mit Bummeln durch Berlin, Besuch des Brandenburger Tores, Souvenirkäufen und endeten schließlich im Hauptbahnhof, wo uns Nicks Vater zum Abendessen eingeladen hat. Der Besuch des Olympiastadions war für Sonntag geplant, aber wie schön es wohl im Dunkeln aussehen würde, wenn es beleuchtet ist? Um diese Frage beantworten zu können, half nur eins - wir machten uns auf den Weg dorthin. Einige S-Bahn-Stationen weiter erreichten wir das Olympiastadion, es war wunderschön beleuchtet und strahlte mit Nicks Augen um die Wette. Mit dem Wissen und dem Ziel vor Augen, dass wir am Sonntag auch das Innere des Stadions erkunden können, ging es zurück ins Hotel.
Sonntag machten wir uns nach dem Frühstück mit dem Wünschewagen auf den Weg zum Olympiastadion. Weil es am Abend davor ein Fußballspiel gab, war das Stadion noch nicht geöffnet. Wir überbrückten die Zeit mit einem Spaziergang um das Stadion, fingen Pokemons und machten eine Pause beim Glockenturm. Mit dem Aufzug auf der 77 Meter hohen Aussichtsplattform angekommen, hatten wir einen traumhaften Blick auf Berlin und das Olympiastadion.
Angekommen beim Haupteingang, konnten wir das Stadion auf eigene Faust erkunden und dieses gigantische Bauwerk auf uns wirken lassen. Das Café im Stadion hatte zum Glück geöffnet, so dass wir eine Pause bei einem Kaffee einlegen konnten. Nick hatte für das Wochenende alle seine Kräfte mobilisiert, aber die Anstrengung war ihm anzusehen und die Pausen waren für ihn, aber auch für uns mehr als nötig.
Der Nachmittag war schon weit fortgeschritten, aber eins fehlte noch auf unserer Liste: Berlin zu verlassen, ohne eine echte Currywurst zu essen – unmöglich! Wir suchten uns mit dem Wünschewagen einen Parkplatz und ließen das Wochenende beim heimlichen Nationalgericht auf dem Alexanderplatz ausklingen.
Müde, erschöpft und vor allem glücklich nach 45000 Schritten durch Berlin, machten wir uns auf den Weg in die vertraute Heimat, die wir um 20 Uhr erreichten. Unseren Wünschewagen-Teddy, der mit uns dieses Wochenende gemeinsam erlebt und sich auf viele Fotos geschlichen hat, haben wir Nick zum Abschied geschenkt, als Wegbegleiter und Kraftspender für den Weg, den Nick noch gehen wird.
Am nächsten Morgen schrieb uns Nicks Vater, dass er schnell müde ins Bett gefallen ist. Das sind wir auch, nachdem wir den Wünschewagen nach 755 km wieder in seiner Heimatgarage in Elmshorn abgestellt haben.
Danke Nick, dass wir Dich auf diesem Weg begleiten durften, wir hoffen, dass wir dir eine kleine Auszeit von dieser gemeinen Krankheit ermöglichen konnten.
Catharina und Christian Bethien